Überwachung: Die Bedeutung technischer Innovationen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen
25. - 26. Februar 2015, Fraunhofer FOKUS
Das Programm zum Workshop finden Sie hier.
In öffentlichen wie wissenschaftlichen Debatten wird der Sinn und Zweck von Überwachung unterschiedlich bewertet. Auf der einen Seite wird Überwachungstechnologien eine wichtige Funktion bei der Verbesserung der Aufklärungsquote von Verbrechen attestiert und ihnen bei potenziellen Schadenslagen, Krisen oder Notfällen z.B. durch die frühzeitige Erkennung sich verdichtender Menschenmassen wichtige Präventionsfunktion zugeschrieben. Auf der anderen Seite wird ihr Potenzial hinsichtlich der Verhinderung von Straftaten oftmals angezweifelt und über Verdrängungseffekte, die von Überwachungskameras ausgehen, diskutiert. Dazu kommen Fragen zu Verhältnismäßigkeit und Diskriminierung, also beispielsweise ob der Eingriff in die Privatsphäre mit einem Gewinn an Sicherheit zu rechtfertigen ist.
Eine umfassende Bewertung dieser verschiedenen Entwicklungen und Perspektiven setzt eine Differenzierung der Anwendungsfelder und Intentionen von Überwachung voraus. Dies will der Workshop „Überwachung: Die Bedeutung technischer Innovationen und ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen“ gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Praxis leisten. Ausgangspunkt des Workshops ist die Beobachtung, dass technische Innovationen nicht getrennt von ihren sozialen, ethischen und rechtlichen Implikationen gedacht werden können. Denn „Techniken sind nicht nur technische Installationen aus physischer Materie, Energie und Information, sondern zugleich auch material vermittelte soziale Institutionen“ (Rammert 2006, S. 6). Am Beispiel von Überwachungstechnologien soll diese Beobachtung innerhalb des Workshops in der interdisziplinären Zusammenarbeit konkretisiert werden.
Die analytische und praktische Trennung von technischen Innovationen und deren (oftmals nicht intendierten) Konsequenzen – z.B. in ingenieurwissenschaftlichen Kontexten der Technologieentwicklung – scheint, auch entgegen dem eigentlichen Anspruch der Sicherheitsforschung, noch immer gravierend auszufallen. Die vielfältigen Wirkungspotenziale von technischen Entwicklungen sollten aber nicht erst als zweiter Schritt im Sinne einer Technikfolgenabschätzung gedacht, sondern aktiv in den Entstehungsprozess integriert werden, so dass dieser Prozess von einem wechselseitigen interdisziplinären Austausch profitieren kann. Die Suche nach Möglichkeiten technologische Designprozesse partizipativer und transparenter zu gestalten ist in dieser Perspektive eine Voraussetzung für das Ziel der Abmilderung nicht intendierter sozialer, ethischer und rechtlicher Konsequenzen.
Schaufenster Sicherheitsforschung
Im Kreis ausgewählter Expertinnen und Experten wurde die Interaktion zwischen technischen Innovationen und deren vielschichtigen Auswirkungen am Referenzthema der Überwachung diskutiert. Im Rahmen des Workshops gab es Vorträge und moderierte Diskussionen. Zudem ließ im Workshop erstmalig das neue Schaufenster Sicherheitsforschung – gestaltet in Zusammenarbeit mit Fraunhofer Fokus / Innovationszentrum Öffentliche Sicherheit und dem Forschungsforum Öffentliche Sicherheit – während des Workshops die komplexe Verzahnung von Technik und Gesellschaft plastisch werden.
Der interaktive Demonstrationsraum bietet die Möglichkeit Innovationen in Hinblick auf das Zusammenspiel von technischen Möglichkeiten und ihren vielfältigen Implikationen zu untersuchen. Der Workshop versteht sich als Plattform, die es ermöglichen soll im interdisziplinären Expertenkreis folgende Themenfelder aufzugreifen und zu diskutieren:
Erstens steht die Rolle von technischen Innovationen und ihrer zukünftigen Entwicklungspfade im Mittelpunkt. Was technikwissenschaftlich im Bereich Überwachung zukünftig denkbar und umsetzbar ist, soll mit der Frage des Missbrauchspotenzials von Überwachungstechnologien kontrastiert werden. In diesem Zusammenhang lässt sich auch danach fragen, ob die Entwicklung in Richtung einer Überwachungsgesellschaft einen irreversiblen Prozess darstellt. Zweitens soll der Blick auf nicht intendierte Auswirkungen von technischen Innovationen geworfen werden. Es ist danach zu fragen, welche sozialen, ethischen und rechtlichen Implikationen sich am Beispiel von Überwachungstechnologien identifizieren lassen und in welchem Verhältnis diese zur ursprünglichen Intention der Entwickler und Designer stehen. Die vermeintliche Neutralität von Algorithmen (z. B. zur Mustererkennung) sollen in diesem Zusammenhang ebenfalls zur Sprache gebracht werden. Drittens soll innerhalb des Workshops die Verzahnung von unternehmerischen Strategien und technischen Innovationsprozessen im Kontext von Überwachungstechnologien erörtert und die innovativen Potentiale technischer Lösungen herausgearbeitet werden. Es ist außerdem danach zu fragen, inwieweit aus ökonomischen Erwägungen beschleunigte Innovationsprozesse den Grad nicht intendierter Nebeneffekte beeinflussen. Schließlich will der Workshop dazu beitragen Chancen und Möglichkeiten von partizipativen Verfahren und Stakeholder-Beteiligungen in technischen Entwicklungsprozessen herauszuarbeiten.